Besitzstörung
Ab wann liegt eine Besitzstörung vor?
Der Besitz einer Sache muss entweder eigenmächtig beeinträchtigt bzw verletzt oder ganz entzogen werden. Darunter fällt auch die unbefugte Nutzung eines fremden Parkplatzes, das Verparken einer Einfahrt oder die Behinderung der Zufahrt zu einem Parkplatz. Die Dauer und die Tageszeit der Störung sowie die tatsächliche Beeinträchtigung des Besitzers sind für die Besitzstörung grundsätzlich nicht von Bedeutung. Ein sehr kurzes Abstellen eines Fahrzeugs sowie extrem geringfügige Eingriffe begründen allerdings keine Besitzstörung (Schikaneverbot). Ob ein Eingriff geringfügig ist, ist eine Einzelfallbeurteilung, die davon abhängt, ob schutzwürdige Interessen des Besitzers beeinträchtigt werden. Keine Besitzstörung liegt ferner beim Halten vor Haus- und Grundstückseinfahrten vor, wenn der Lenker im Fahrzeug verbleibt und beim Herannahen eines Fahrzeuges die Aus- oder Einfahrt unverzüglich freimacht (vgl § 23 Abs 3 StVO).
Kann man mich wegen Besitzstörung nach Ablauf der 30 Tage-Frist noch klagen?
Die Besitzstörungsklage muss binnen dreißig Tagen ab Kenntnis der Besitzstörung und der Identität des Störers bei Gericht eingebracht werden. Nach Ablauf dieser Frist können Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche nicht mehr im Besitzstörungsverfahren, aber im ordentlichen Verfahren eingeklagt werden.
Kann ich gegen eine Besitzstörungsklage einwenden, dass ich nicht erkannte auf privatem Grund zu fahren?
Eine Besitzstörung setzt zwar eine „eigenmächtige“ Störung voraus, dh der Eingriff darf nicht durch den Besitzer selbst oder durch gesetzliche bzw behördliche Anordnung erlaubt sein. Die Besitzstörung beinhaltet aber keine subjektiven Tatbestandsmerkmale. Ein „Störungsbewusstsein“ oder Verschulden aufseiten des Störers ist daher nicht erforderlich. Selbst wenn ein Privatparkplatz (etwa aufgrund mangelnder Beschilderung) nicht als solcher erkennbar ist, liegt daher eine Besitzstörung vor. Ein Irrtum des Störers kann sich aber auf das Vorliegen von Wiederholungsgefahr auswirken. So wird die Wiederholungsgefahr im Zusammenhang mit Besitzstörungen an Parkplätzen und sonstigen Verkehrsflächen fehlen, wenn diese mangels ausreichender Kennzeichnung den Eindruck erwecken, öffentliche Verkehrsflächen zu sein.
Was passiert mit der Besitzstörungsklage, wenn ich die Unterlassungserklärung unterschreibe und nicht bezahle?
Maßgeblich dafür, ob trotz fristgerechter Abgabe der Unterlassungserklärung noch erfolgreich eine Besitzstörungsklage eingebracht werden kann, sind das Einhalten der 30-tägigen Frist und das Vorliegen von Wiederholungsgefahr aufseiten des Störers. Bei der Beurteilung des Bestehens der Wiederholungsgefahr ist maßgebend, ob dem Verhalten des Beklagten in seiner Gesamtheit gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen. Die Abgabe einer einfachen außergerichtlichen Unterlassungserklärung, von künftigen Störungen Abstand nehmen zu wollen, reicht nach der Rechtsprechung insbesondere dann nicht aus, wenn der Beklagte ein zwiespältiges Verhalten zeigt. Dies kann zB auch darin gesehen werden, dass der Störer nicht bereit ist, die tatsächlichen Kosten des einschreitenden Rechtsanwaltes zu bezahlen.
Gibt es einen Höchstbetrag, der im Rahmen einer Unterlassungserklärung wegen Besitzstörung gefordert werden kann?
Grundsätzlich können im Verfahren nur die tatsächlich durch die Besitzstörung verursachten Kosten und Aufwendungen verlangt werden. Das betrifft im Wesentlichen den Ersatz der notwendigen Verteidigungs- und Rechtsverfolgungskosten sowie auch gegebenenfalls der Abschleppkosten. Kosten für Maßnahmen, die unabhängig von der Störungshandlung angefallen wären, können mangels Kausalität nicht dem Störer angelastet werden (sog Vorsorgekosten, zB Kosten für Parkraumüberwachung). Bezüglich der Kosten eines etwaig einschreitenden Rechtsanwalts gilt, dass sich diese am Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) zu orientieren haben. Die ersatzfähigen tariflichen Kosten betragen derzeit EUR 100,38 (Stand 10/2024, inkl der Kosten einer Halteranfrage iHv EUR 15,30).
Was passiert mit der Besitzstörungsklage, wenn ich die Unterlassungserklärung unterschreibe und einen geringeren Betrag bezahle?
Grundsätzlich gilt das oben Gesagte, dabei ist aber zu differenzieren:
Für den Fall, dass fristgerecht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wurde und ein Teil der geforderten Rechtsverfolgungskosten durch den Störer beglichen wurde, hat das LG Wiener Neustadt eine Wiederholungsgefahr verneint und die Besitzstörungsklage abgewiesen (LG Wiener Neustadt 24.05.2017, 58 R 21/17m). Dies wird insbesondere dann gelten, wenn vom Störer neben der Abgabe einer Unterlassungserklärung konkrete Rechtsverfolgungskosten gefordert werden, letztere aber unangemessen hoch sind. Die Zahlung der ersatzfähigen Kosten durch den Störer dürfte hier zum Entfall der Wiederholungsgefahr führen.
Anderes gilt nach dem “take it or leave it“-Ansatz des LGZ Wien (35 R 340/22t), wenn die in der Abmahnung geforderten Zahlungen nicht als Ersatz der (aufgeschlüsselten) Rechtsverfolgungskosten gefordert werden, sondern die Zahlung eines Pauschalbetrags zur Ablöse des Klagerechts begehrt wird. Um sicherzugehen, dass die Wiederholungsgefahr auch in diesem Fall entfällt, empfiehlt es sich, zusätzlich zur fristgerechten Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und der Zahlung der angemessenen Rechtsverfolgungskosten den Abschluss eines gerichtlichen Unterlassungsvergleichs bei voller Kostenübernahme anzubieten.